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2. Mai 2018

„Tue Gutes und rede darüber.“

Ralf Zander ist einer der beiden Geschäftsführer der IEM Fördertechnik. Die Firma baut im Kraftwerk Schkopau eine komplexe Reinigungsanlage, die mittels Aktivkohle die Abgase von Quecksilber bereinigen wird. Im Gespräch erklärt er, warum er vom Braunkohleausstieg nicht viel hält und was ihn dazu veranlasst hat, die Arbeiten in Schkopau von einem Blog begleiten zu lassen – nämlich vom Quecksilberfrei-Blog.

Modell des Kraftwerkes Schkopau, zu sehen in der Empfangshalle des Kraftwerkes.
Ein Modell des Kraftwerkes Schkopau, zu sehen in der Empfangshalle des Kraftwerkes.
Ralf Zander ist Geschäftsführer der IEM Fördertechnik.

Ralf Zander ist Geschäftsführer der IEM Fördertechnik.

Quecksilberfrei-Blog: Die Verringerung von Quecksilberemissionen aus Braunkohlekraftwerken ist beschlossene Sache: Ab 2019 gelten neue, schärfere Grenzwerte. Kraftwerke sind nun gezwungen, umzurüsten. Das umweltpolitische Ziel – Kraftwerke in Hinblick auf Quecksilber sauberer zu machen – scheint damit erreicht. Warum trotzdem noch dieser Blog?

Ralf Zander, Geschäftsführer IEM: Ich würde nicht sagen ‘trotzdem’, sondern ‘jetzt erst recht’. Es gibt das Sprichwort: ‘Tue Gutes und rede darüber.’ Auf der einen Seite ist die Emissionsreduzierung für die Kraftwerke eine Herausforderung, der niemand die Notwendigkeit absprechen kann. Andererseits ist sie mit hohen Kosten verbunden. In den letzten fünf Jahren ist die Diskussion über die Quecksilberreduzierung unter dem Mantel des Schweigens gehalten worden. Offiziell gab es die Probleme mit Quecksilber nicht. Man hat sich gerne verglichen mit Kraftwerken in China oder auch Indien, wo ein Vielfaches an Emissionen ausgestoßen wird. In diesem Verhältnis ist die Quecksilberproblematik hier natürlich gering.

Andererseits will Deutschland Vorreiter für grüne Technologien sein…

Was ein Balanceakt ist. Ich finde es begrüßenswert, dass deutsche Firmen mit gutem Beispiel vorangehen. Allerdings übt die Politik einen sehr hohen Druck auf die Kraftwerke aus. Da entsteht der Eindruck, die Kraftwerke sollen in die Knie gezwungen und deren Existenz in Frage gestellt werden. Jemand, der von Kraftwerken nicht viel versteht und nur die Schlote sieht, weiß vielleicht nicht, wie existenziell diese Thematik ist. Ich würde es gerne mal erleben, dass in einer Metropolregion ein Kraftwerk ausfällt. Das würde vielen die Augen öffnen.

Wer soll sich vom Quecksilberfrei-Blog angesprochen fühlen?

Wir wollen diejenigen erreichen, die keine Experten im Bereich Kohlekraftwerke sind. Sie sollen sehen, dass Kraftwerke umwelttechnisch Vorreiter sein können. In Schkopau hat man geforscht, schon lange bevor das von Gesetzes wegen nötig wurde. Man sitzt also nicht tatenlos da. Damit machen wir natürlich auch Werbung für die Kraftwerke, die ja sonst häufig als Dreckschleudern bezeichnet werden.

„Ein Braunkohleausstieg ist kurzfristig nicht abzufangen. Es sei denn, wir richten uns darauf ein, dass tagsüber mal der Strom ausfällt.“

Ein Braunkohleausstieg wird gerade heftig diskutiert. Ist es noch möglich, eine konstruktive Diskussion zu führen?

Es ist schwierig, denn beide Lager – pro und contra Kohle – entfernen sich immer mehr voneinander. Die Politik lässt sich häufig von Instituten beraten, die dunkelgrün angestrichen sind. In der Diskussion wird aber vieles ausgelassen. Beispiel Elektroautos: Wenn mehr davon auf den Straßen fahren, werden wir einen höheren Strombedarf haben – auch tagsüber. In Zukunft werden Kohlekraftwerke also noch dringender gebraucht. Meiner Ansicht nach ist ein Braunkohleausstieg kurzfristig mit anderen Energiequellen nicht abzufangen. Es sei denn, wir richten uns darauf ein, dass tagsüber mal der Strom ausfällt.

 

IEM baut momentan eine Anlage im Kraftwerk Schkopau. Mithilfe von Aktivkohle soll sie einen großen Teil des Quecksilbers aus den Abgasen filtern. Wie laufen die Arbeiten?

Alles in allem sehr gut. Wir liegen minimal hinter dem Zeitplan. Die Genehmigung des Bauantrages durch die Behörden hat etwas länger gedauert, als wir erwartet haben. Aber das bringt uns nicht aus dem Konzept. Die Statik ist geprüft. Wir haben kleine Auflagen bekommen, die aber keine weiteren Verzögerungen nach sich ziehen werden. Voraussichtlich werden wir in den nächsten vier Wochen beginnen, das Fundament auszuheben.

„Was in einem Kraftwerk funktioniert, muss im nächsten noch lange nicht gehen.“

Schkopau ist nicht das einzige Kraftwerk, das umrüsten muss. Gibt es andere Kraftwerksbetreiber, die Interesse an dieser Anlage bekundet haben?

Es gibt kaum ein Kraftwerk in Deutschland, wo die Problematik so komplex ist wie in Schkopau. Der Brennstoff in Kombination mit dem Kessel dort ist eine Herausforderung für die Reduzierung von Quecksilber. Andere Braunkohlekraftwerke kommen mit wesentlich weniger Aufwand zurecht. Aber wir haben inzwischen erste Anfragen aus Polen und Tschechien bekommen. Dort werden wir ab Mitte dieses Jahres erste Testdurchläufe durchführen.

Und dann auf den Erfahrungen aus Schkopau aufbauen können…

Auf manche Tests können wir dann verzichten. Gleichwohl muss man bedenken, dass das, was in einem Kraftwerk funktioniert, im nächsten noch lange nicht gehen muss. Das ist gut für uns, denn billige Kopien unserer Anlagen werden ihr Versprechen nicht halten.

„Wir sind in der Lage, auf verschiedene Brennstoffe und Lastzustände zu reagieren.“

Wie hoch sind die Kosten für den Bau einer solchen Anlage?

Das hängt von vielen verschiedenen Einflussfaktoren ab: Wie viel Quecksilber und andere Elemente sind in der Kohle vorhanden und wie schwierig ist es, das Quecksilber zu oxidieren? Welchen Typ von Kraftwerk haben wir und wie sensibel reagiert dieses auf unterschiedliche Fahrweisen? Ein Justieren an einer Stellschraube kann ganz schnell zu weiteren Maßnahmen führen, da wir eine Vielzahl von chemischen Reaktionen beachten müssen.  Die Investkosten können zwischen ein paar hunderttausend Euro und vielen Millionen Euro liegen. Aber entscheidender ist es, eine Technologie zu finden, bei der die Betriebskosten hinterher niedrig sind. Darauf haben wir in Schkopau besonderes Augenmerk gelegt. Die Anlage ist hochwertig und dadurch sind wir in der Lage, auf verschiedene Brennstoffe und  Lastzustände zu reagieren.

 

Gibt es außerhalb der EU einen Markt für diese Art von Anlagen?

Auf jeden Fall und wir werben auch schon jetzt für unsere Technik weltweit. Ende Mai werden wir zum Beispiel auf der Messe Global Electric Power Tech in Seoul sein. Dort haben wir einen Stand zusammen mit unserem südkoreanischen Partner und ich werde einen Vortrag über unsere Erfahrungen bei der Quecksilberreduzierung halten.

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