Die Firma IEM baut eine Anlage, die den Quecksilberausstoß eines Braunkohlekraftwerks dauerhaft verringert. In Deutschland wird sie womöglich die erste Anlage sein, die das kann.
Soll Quecksilber einfangen: Die Siloanlage (blau dargestellt) im Kraftwerk Schkopau
Braunkohlekraftwerke sind Giganten der Energieproduktion: Sie erzeugen enorme Mengen Strom, mit denen ganze Regionen oder Städte versorgt werden. Nun bleibt ihnen weniger als ein Jahr, um sich neuen Anforderungen der EU anzupassen – für die Energieriesen eine recht kurze Zeitspanne. Worum geht es?
Die Mission
Im Jahr 2010 haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament die IED (Industrieemissions-)-Richtlinie beschlossen. Deren Ziel ist unter anderem, den Ausstoß von Quecksilber aus Braunkohlekraftwerken zu verringern, wofür ein neuer Grenzwert eingeführt wurde: 10 Mikrogramm pro Normkubikmeter, mehr darf ab dem 1. Januar 2019 nicht ausgestoßen werden. Mit den vorhandenen Mitteln können die meisten Braunkohlekraftwerke dieser Anforderung nicht gerecht werden; folglich müssen sie nachrüsten. Viele der Verfahren, die in den letzten Jahren erprobt worden sind, führten noch nicht zum Ziel. Nun muss innerhalb eines Jahres für viele Kraftwerke das passende Verfahren gefunden und in den bestehenden Prozess integriert werden. Eine Mission für die Ingeneure der Verfahrenstechnik, inbegriffen die Lizenz zum – na klar – tüfteln.
Der Einsatzort
Das Braunkohlekraftwerk in Schkopau versorgt unter anderem ein benachbartes Chemiewerk und die Deutsche Bahn mit Strom. Bis zu sechs Millionen Tonnen Braunkohle verbrennt es dafür pro Jahr. In jedem Normkubikmeter Abgas, den das Kraftwerk in die Luft bläst, schweben 15 bis 20 Mikrogramm Quecksilber mit, also etwa das Doppelte von dem, was die EU ab nächstem Jahr vorschreibt.
Das Team
Jan Schütze ist einer von wenigen Experten für Quecksilberabscheidung im Kraftwerk. Als Leiter der Abteilung Mercury Emission Control der Firma IEM ist er maßgeblich für das neue Verfahren im Kraftwerk Schkopau verantwortlich. Dessen Herzstück soll eine Siloanlage sein, die mittels Aktivkohle das Quecksilber aus den Abgasen einfängt. An die 20 Meter hoch wird sie inmitten des Kraftwerkes stehen (siehe Bild oben). Markus Hertel, Projektmanager von IEM, dirigiert das Team, in dem in der Regel noch sieben weitere IEM-Mitarbeiter anpacken. Daneben sind vier weitere Firmen und einige Zulieferer involviert. Quecksilberexperte Jan Schütze sagt: “Der Standort Schkopau besitzt verglichen mit anderen mir bekannten Kraftwerksstandorten in der BRD die schwierigsten verfahrenstechnischen Bedingungen. Der Anteil an schwer abscheidbarem elementarem Quecksilber ist sehr hoch. Dazu kommen die hohe Betriebstemperatur und die hohe Abgasfeuchte, die die Quecksilberabscheidung erschweren. Viele Verfahrensansätze sind dort bisher im Versuchsstadium gescheitert. Wer in Schkopau das Problem lösen kann, packt das bestimmt überall.”
Mission erfüllt?
Das wird sich Ende 2018 zeigen. Bis dahin soll das Verfahren von IEM das ausgestoßene Quecksilber auf ein Minimum reduzieren und so sicherzustellen, dass das Kraftwerk ab 2019 den neuen Grenzwert einhält. Dieser Blog wird die Arbeiten an der Anlage begleiten und auch darüber informieren, wenn die Anlage erfolgreich in Betrieb genommen wird. Der Countdown läuft.