Jan Schütze leitet bei IEM die Abteilung Mercury Emission Control. Er ist einer der wenigen Experten auf dem Gebiet der Quecksilber-Abscheidung im Kraftwerk. Im Interview spricht er über seine Vision: Den Quecksilberausstoß von Kraftwerken auf ein Minimum zu reduzieren.
Quecksilberfrei-Blog: Sie bauen für das Braunkohlkraftwerk in Schkopau eine Anlage, die Quecksilber aus den Abgasen filtern soll. Auf welchem Stand sind die Bauarbeiten?
Dr. Jan Schütze, Leiter der Abteilung Mercury Emission Control bei der Firma IEM Fördertechnik: Das Stahlgerüst steht und auch die Silos sind bereits aufgestellt. Momentan wird noch ein Dach aufgesetzt. Parallel beschäftigen wir uns schon mit der Programmierung der Anlage. Bis auf geringe Verzögerungen bewegen wir uns voll in unserem zeitlichen Rahmen.
Einfach erklärt: Wie wird diese Anlage funktionieren?
Im Wesentlichen mit Aktivkohle, die das Quecksilber im Flug an sich bindet. Zunächst geben wir die Aktivkohle in riesige Vorratsbehälter, deren Vorrat für zehn bis zwanzig Tage reicht. Im Rauchgaskanal kommt die Aktivkohle als Staub in das Abgas. Zuletzt erreicht sie einen Elektrofilter; an den heftet sie sich mitsamt dem Quecksilber.
„Wir haben gezeigt, dass wir die Grenzwerte einhalten können.“
Was passiert mit der Aktivkohle, nachdem Sie das Quecksilber aufgefangen hat?
Der Staub wird dann zu dem Tagebau gebracht, wo früher die rohe Braunkohle ausgebuddelt wurde. Dort wird er als Baumaterial eingesetzt, ähnlich wie Zement.
Ziel der Anlage ist es, dass das Kraftwerk in Schkopau im Schnitt weniger als 10 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Abgas ausstößt. Woher wissen Sie, dass Sie diesen Grenzwert einhalten können?
Wir haben schon Vortests mit einer mobilen Anlage gemacht. Darin haben wir gezeigt, dass wir die Grenzwerte einhalten können. Die feste Anlage wird noch besser funktionieren, da sie noch genauer gesteuert werden kann. Damit sollten wir es also erst recht schaffen.
Der nächst-schärfere Grenzwert wird vermutlich bei einem bis sieben Mikrogramm je Kubikmeter Abgas liegen und soll im Sommer 2021 in Kraft treten. Wird Schkopau auch diesen Grenzwert einhalten können?
Das hängt davon ab, wie streng dieser Grenzwert sein wird. Er sollte eigentlich im August festgeschrieben werden, aber der Gesetzgeber lässt sich Zeit. Wenn der Grenzwert tatsächlich bei sieben Mikrogramm liegen wird – so steht es zumindest im Entwurf der 13. Bundesimmisionsschutzverordnung – dann könnten wir das mit unserem Verfahren schaffen. Wenn der Grenzwert schärfer wird, müssten wir die Aktivkohle mit weiteren Verfahren kombinieren.
„In den USA hat sich das Problem dramatischer dargestellt als in Deutschland.“
In den USA sind die Grenzwerte schon lange viel niedriger als in Deutschland. Da fragen sich natürlich viele, woran das liegt.
Dort hat sich das Problem dramatischer dargestellt als in Deutschland. Anders als bei uns werden in den USA die Nebenprodukte der Braunkohleverbrennung – wie Asche und Gips – nicht genutzt. Stattdessen landen sie großflächig in der Landschaft. Dadurch gelangt das Quecksilber schneller ins Grundwasser, in die Umwelt. Einige Flüsse und ganze Landstriche in den USA sind wesentlich stärker mit Quecksilber kontaminiert. Deshalb musste man härtere Maßnahmen ergreifen.
Braunkohle gilt als besonders schmutzige Form der Energiegewinnung, insbesondere wegen des CO2-Ausstoßes, aber eben auch wegen des Quecksilbers. Wie schätzen Sie die Umweltverträglichkeit von Braunkohle ein – im Vergleich mit anderen Arten der Energieerzeugung?
Die sauberste Energieform – wenn man allein die Emissionen betrachtet – ist natürlich die Atomenergie. Aber jede Form hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil der Braunkohle ist, dass man sie umfassend unter Kontrolle hat. Hier in Schkopau liegt das Kraftwerk direkt am Tagebau. Da kennen wir auch die Abbaubedingungen. Steinkohle hingegen wird nicht mehr in Deutschland gefördert, sondern nur noch importiert. Das heißt, der Transportaufwand steigt und wir wissen nicht, was in den Abbauregionen geschieht, ob zum Beispiel Grundwasser kontaminiert wird. Das kann auch bei der Erdgasgewinnung, dem sogenannten Fracking passieren. Es lässt sich daher schwer sagen, welche Energiegewinnung die sauberste ist. Man müsste dafür die gesamte Produktionskette überprüfen: Vom Abbauort bis zur Steckdose.